Der Frost hat den Himmel ausgefroren. Auf dem Dünengras glitzert die Morgensonne, die Luft über dem Watt ist klar und frisch. In der Ferne sind die Halligen zu erkennen, im Westen Amrum – davor strahlend in kaltem Blau die Nordsee. Es ist ein schönes Winterpanorama am 15 Kilometer langen Strand auf der Nordfriesischen Insel Föhr. Dort, wo aus Nordseewellen Eis geworden ist, klirren die Schritte und die sehnsuchtsvollen Rufe der Möwen begleiten den einsamen Wanderer. Auffrischen und Abschalten. Im Herzen des Weltnaturerbes Wattenmeer: In der Friesischen Karibik.

Fackelwanderung Föhr im Winter © Schutzstation Wattenmeer Föhr

Es dämmert, die Dunkelheit schleicht sich über die Nordsee hier am Strand vor Wyk auf Föhr. Am westlichen Ende des Südstrands beginnt die Einsamkeit, dorthin – und weiter hinaus – führt die Märchen- & Fackelwanderung der Schutzstation Wattenmeer. Yola Hörschelmann verteilt die Fackeln. Die junge Frau verbringt ein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei der Schutzstation auf Föhr. Sie führt die Gruppe nach Westen und in die Dunkelheit. Und sie erzählt Geschichten. Fackelschein flackert in das Blau der beginnenden Nacht, fordernd und verschluckend fallen die Wellen auf den Sand – die Atmosphäre ist stimmig, das hat was. Märchen von Föhr, das sind oft auch solche vom Meer. Von Oterbaankin beispielsweise. Kleine Kobolde, die im ewigen Clinch mit den Menschen leben. “Die Oterbaankin konnten nur in der Nacht herauskommen und ihr geheimes Leben leben. Dann, wenn die Menschen ihr Tagwerk vollbracht hatten und schliefen“, erzählt Yola. Wie schön aber wäre es, auch am Tage unterwegs zu sein. Also lockten die Oterbaankin den faulen Peter mit einer List. Auf, dass er und seine Mitmenschen auch tagsüber nichts mehr tun brauchten. Und die Oterbaankin damit auch den Tag gewonnen hatten. Wie und was dies damit zu tun hat, dass Meerwasser salzig ist? Auch das erfahren die Föhr-Gäste bei der Märchenstunde am Strand– gepaart mit natur- und inselkundlichen Aspekten.

Neben der Märchen- & Fackelwanderung bietet die Schutzstation Wattenmeer auf Föhr im Winter weitere inselkundliche Wanderungen und Spaziergänge an. In der Wattwerkstatt können Gäste zudem den Lebensraum Wattenmeer untersuchen und kennenlernen. “Interessant ist auch eine Wanderung am Strand mit dem besonderen Blick auf das, was angespült wird“, so Yola Hörschelmann. “Gerade im Winter, wenn die Stürme häufiger sind, findet sich oft ein spannendes Sammelsurium am Spülsaum.“ Ob Muschel oder Moostierchen, im Winter ist genug Zeit und Muße zum Suchen, Schauen und zum Erklären. “Wer mag, kann seinen Fund gern mit zu uns in die Wattwerkstatt nehmen und dort mit einem Mikroskop genauer hinschauen.“ Dort hängt auch eine Sammlung an der Wand, installiert aus dem, was auf einem Kilometer Strand gefunden wurde. Sei es eine Spülmittelflasche aus den 60er-Jahren. Müll also auch. Und das regt zum Nachdenken an. Und Bernstein? “Ich selbst habe hier noch keinen gefunden“, sagt Yola, “…aber das will ja nichts heißen!“ Und denjenigen, die auch – noch – nichts gefunden haben, helfen die Mitarbeiter von der Schutzstation Wattenmeer aus. “Bei unseren Bernsteinschleifkursen darf sich jeder Teilnehmer ein Stück aussuchen und dann mit Schleifpapier, zum Schluss mit Zahnpasta und Waschlappen, polieren.“ Dann beginnt Bernstein magisch zu glänzen. Und offenbart vielleicht sein Mysterium. “Das ist eigentlich erhärtetes Harz, rund 35 Millionen Jahre alt – manchmal finden sich im Bernstein sogar eingeschlossene Insekten!“, berichtet Yola. Spannend bleibt es also bis zum Schluss. www.schutzstation-wattenmeer.de/unsere-stationen/foehr